Palazzo di Montecitorio

 


Palazzo di Montecitorio

Beschreibung

Montecitorio ist ein mittelalterlicher Schutthügel westlich der Piazza Colonna. Kardinal Nicolò Gaddi errichtete hier im 16. Jh. einen Palast, der 1653 zusammen mit angrenzenden Gebäuden von Fürst Nicolò Ludovisi erworben wurde. Im selben Jahr präsentierte Bernini der Fürstin Costanza Pamphilj Ludovisi ein auf konkavem Grundriß basierendes Modell für den Umbau, der in der Folge von durch Bernini und Mattia de Rossi realisiert wurde.
Mit dem Tode Ludovisis 1655 kam der Bau zum Stillstand. 1694 wurde das Palastfragment von Innozenz XII. erworben, um es zum Sitz der Curia Innocenziana auszubauen. Der Zustand zum Zeitpunkt des Erwerbs ist in einer Ansicht Carlo Fontanas aus dem Jahre 1694 festgehalten: Die rechten drei Achsen waren ganz vollendet, die nächsten fünf nur im Obergeschoß, vom Mittelteil existierten im piano nobile nur die äußeren Fensterachsen, die Portalzone war nicht definiert; der linke Teil des Palasts war nur bis zum piano nobile gediehen. Auch in einer Ansicht der Piazza Colonna von Livino Cruyl ist die Baustelle zu erkennen. Carlo Fontana und sein Sohn Francesco, welche den Palast vollendeten, wichen in entscheidenden Punkten vom Entwurf Berninis ab: Statt eines einachsigen Mittel-Portals und einer Serliana als Mittelfenster des piano nobile (welche auf Michelangelos Mittelfenster des Palazzo Farnese zurückzuführen ist) kam eine dreiachsige Portalzone in Anlehnung an einen Triumphbogen zur Ausführung; statt einer von Skulpturen bekrönten Balustrade über dem von kolossalen Pilastern eingefaßten Mittelrisalit wurde ein hoher Glockengiebel errichtet. Berninis ursprüngliches Projekt ist durch ein Gemälde von Mattia de Rossi, heute in der Galleria Doria in Rom, überliefert. Die, so Roberto Pane, vom "nonfinito" Michelangelos inspirierte Rustika, welche in den äußeren sechs Achsen des Erdgeschosses zum Einsatz kommt, ist unter anderem in Domenico de Rossis Studio d'Architettura Civile rezipiert worden. Im rückwärtigen Teil wurde ein halbkreisförmiger Hof angebaut. Als im Palast 1871 die Abgeordnetenkammer (Camera dei Deputati) einzog, wurde ein erster Plenarsaal durch die Überdachung des Hofes geschaffen. Ein neuer Plenarsaal und eine Fassade zur Piazza del parlamento wurden 1908-1918 von Ernesto Basile errichtet. Im Palazzo di Montecitorio, der noch immer als Parlament dient, ist auch eine Bibliothek mit 500.000 Bänden untergebracht.

Literatur

Pane, Roberto: Bernini architetto, Venezia 1954
Il Palazzo di Montecitorio, Roma 1967

 
© 2005 J.-Ch. Rößler
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Jan-Christoph Rößler, München