Palazzo Madama

 


Palazzo Madama

Beschreibung

Der Vorgängerbau des Palazzo Madama war ein Palast des 15. Jahrhunderts, der Sinulfo di Castell'Ottieri gehörte. 1505 wurde dieser unfertige Palast mit fünf Kreuzstockfenstern im Obergeschoß und einem großen Portal zum Platz von Giovanni de' Medici erworben. Nachdem dieser als Papst Leo X. gewählt worden war, ließ er 1513 von Giuliano da Sangallo ein ambitioniertes Projekt ausarbeiten, das neben tiefgreifenden städtebaulichen Veränderungen Roms auch die Verbindung des Palazzo mit der nahelegenen Piazza Navona vermittels eines großen Portikus zu verbinden. Da Sangallos Projekt blieb allerdings auf dem Papier; der Palast blieb bis ins 17. Jahrhundert in seinem mittelalterlichen Zustand.
Nachdem der Kardinal Giovanni Carlo de' Medici, welcher in einem anderen Palast der Medici beim Campo Marzio wohnte, im Jahre 1635 eine bedeutende kirchliche Funktion erhalten hatte, war die Behausung nicht mehr angemessen. Der wenig bekannte Florentiner Architekt Paolo Marucelli wurde mit 1638 mit der Ausarbeitung eines Entwurfs für den Umbau des Palazzo bei der Piazza Navona beauftragt. Ein nicht realisierter Entwurf Marucellis sah eine neunachsige, durch Rustikapilaster in drei Teile gegliederte Fassade mit von Segmentgiebeln bekrönten Ädikulafenstern im piano nobile vor. Der schließlich zur Ausführung gekommene Entwurf zeigt sich ungleich anspruchsvoller: das zweite Obergeschoß wurde aufgewertet, den Abschluß bildet nun ein Mezzaningeschoß. Die Rustika ist auf die Ecken der unverputzten Fassade beschränkt, die geschoßtrennenden Gesimse sind zu flachen Bändern reduziert, der Dekor der Ädikulafenster ist maximiert: aus den Fenstergewänden herauswachsende Karyatiden tragen die Segmentgiebel im piano nobile, die kräftigen Dreiecksgiebel des zweiten Obergeschosses sind unten aufgebrochen, um großen, als Relief ausgebildeten Florentiner Lilien Raum zu geben. In einem Fries zwischen den Mezzaninfenstern spielen Putten mit Löwen - eine Anspielung an den Vorfahren Leo X.
Marucellis Werk wurde nicht nur positiv aufgenommen. Die negative Kritik beginnt bereits bei Milizia, der unnützes Ornament konstatiert und auch den Fries ablehnt, und endet nicht bei Portoghesi, demzufolge keine neuen architektonischen Ideen erkennbar seien und die Verhältnisse von Öffnungen zu Mauerwerk nicht gelungen seien: "le pause ridotte al minimo non bastano a riequilibrare la forza del chiaroscuro, e la riduzione del rapporto gerarchico dei due piani maggiori produce un senso di monotomia e di allentata tensione" (Paolo Portoghesi: Roma barocca, Roma 1966, p. 267s)
Der Palast wurde schließlich Residenz von "Madama" Margarete von Österreich, Tochter Karls V. und Witwe des ersten Herzogs des Hauses Medici und bekam so den heutigen Namen. Während die Fassade hervorragend erhalten ist, war das Innere des Palasts Gegenstand einer umfangreichen Umbaumaßnahme im 20. Jh., mit der Palazzo Madama seiner neuen Funktion als Sitz des Senats angepaßt wurde. Die beiden unweit des Palazzo Madama gelegenen Paläste Palazzo Giustiniani und Palazzo di Brazzà werden ebenfalls vom italienischen Senat genutzt.

Literatur

Ruschi, Pietro: Alcune note sul cantiere seicentesco della facciata di Palazzo Madama a Roma, in: Bergdolt, Klaus (ed.) Opere e giorni, Roma 2001, pp. 613-624

 
© 2005 J.-Ch. Rößler
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Jan-Christoph Rößler, München